Haaner Finanzplanung

Kritische Äußerung über die Haaner Finanzplanung


Der Fraktionsvorsitzende Ruppert hat sich auf dem Parteitag der Haaner FDP kritisch mit der städtischen Finanzplanung auseinandergesetzt und sie in Anspielung auf eine neue Attraktion der Haaner Kirmes mit einem Voodoo-Jump verglichen.

Ruppert sagte unter anderem:" In dieser Woche tagt in Haan der Rechnungsprüfungsausschuss. Auftragsgemäß beschäftigt er sich nur mit Kosten der Vergangenheit. Würde er sich mit der Plausibilität der im März verabschiedeten Haushalts- und Finanzplanung der Stadt befassen, müsste er zu einem verheerenden Urteil kommen. Vielleicht müsste er sogar aufgrund § 43 GO NRW prüfen, ob "Ratsmitglieder haften, wenn sie ... der Bewilligung von Aufwendungen … zugestimmt haben, wenn nicht gleichzeitig die erforderlichen Deckungsmittel bereitgestellt werden." 

Vermutlich kämen die betroffenen Ratsmitglieder, die etwa dem Kommunalen Ordnungsdienst zugestimmt haben aber davon.Sie haben ja Mittel bereit gestellt: neue Schulden! Schulden sind in Grenzen vertretbar, wenn man damit in bleibendeWerte investiert, auch wenn damit natürlich künftige Haushalte und künftige Generationen die Last für heutige Entscheidungen tragen müssen. - So gesehen ist es auch das richtige Zeichen zur richtigen Zeit, wenn jetzt mit Hendrik Sawukaytis ein Vertreter der Generation Verantwortung übernimmt, die die Hauptlast zu tragen hat!

Aber um solche `fundierten` Schulden, die man aufnimmt, um etwa eine neue Schule zu bauen, handelt es sich hier nicht: Der KOD und viele andere der rund 30 neuen Stellen werden wohl ausschließlich mit `Kassenkrediten´, also im Klartext: Überziehung des Kontos, finanziert werden können, deren kumulatives Wachsen die städtische Finanzplanung in trauriger Klarheit ausweist.

Gleichwohl hat der Landrat die Haaner Haushaltsplanung durchgewunken, wenn auch mit mahnendem Hinweis auf Eigenkapitalverzehr und Verbrauch der Rücklagen sowie den erhöhten Konsolidierungsdruck. Allerdings hat er dabei die beschlossene Finanzplanung zur Grundlage genommen, die bis 2026 immerhin merklich sinkende Defizite darstellt; Betonung auf "darstellt".

Warum fiel mir eigentlich spontan an die städtische Finanzplanung ein, als vorige Woche der `Voodoo-Jumper´ als neue Attraktion der Haaner

Kirmes präsentiert wurde? Dazu muss man einmal genau hinsehen, wie die Stadt es schafft von rund neun Mio Defizit (bei einem Haushaltsvolumen von ca. 117 Mio) in 2023 auf einen nach Aufwand und Ertrag fast ausgeglichenes Ergebnis zu kommen. Natürlich geht das nicht ohne Kunstgriffe. Einer ist ausdrücklich per Landesrecht erlaubt: Für Pandemie- oder Ukraine-Krieg bedingte Kosten dürfen Kommunen einen außerordentlichen Ertrag gegenbuchen. Der Ertrag ist natürlich nur fiktiv, schönt also das Ergebnis - erhöht allerdings die langfristig zu tilgenden Schulden um weitere neun Mio. Kritische Gemüter könnten darauf hinweisen, dass solche Risiken immer zu erwarten sind und man sich nach dem Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns oder der schwäbischen Hausfrau darauf einstellen muss. Aber darauf will ich nicht herumreiten.

Sondern die Frage beantworten, wieso das hohe Defizit binnen drei Jahren so wundersam schmelzen kann. Dazu muss ich nicht einmal übermäßig mit Zahlen quälen, ein paar reichen. Auf der Einnahmeseite sind das die Steuern, wobei die von uns abgelehnte Grundsteuererhöhung nicht einmal besonders ins Gewicht fällt. Schon im Entwurf vom Dezember war mit einem Plus von fast 25 Mio im Zeitraum bis 2026 kalkuliert worden. Durchaus optimistisch, denn die Kämmerei hatte noch im Vorbericht aufgrund des Kriegs in der Ukraine "mit erheblichen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung und die Steuern gerechnet." Positive waren damit nicht gemeint.

Bis zur Haushaltsverabschiedung im Februar muss der Optimismus über Weihnachten weiter gewachsen sein: Da hat die Kämmerei noch einmal knapp 18 Mio. daufgepackt. 2026 läge die wichtigste Einnahmequelle damit um 16 Mio. oder ein Viertel über dem Ergebnis von 2021 oder dem Ansatz von `22. Das kann man glauben, das darf man hoffen, weil sich darin ja auch die Dividende einer erfolgreichen Gewerbeansiedlungspolitik niederschlagen würde. - Aber natürlich auch ein Inflationseffekt, etwa beim Anteil an der Einkommensteuer.

Merkwürdig nur, dass die Inflation an den Ausgaben offenbar spurlos vorüber geht, abgesehen von der zwangsläufigen aber momentan noch überschaubaren Zinslast: Sämtliche Sachaufwendungen, also zum Beispiel die Unterhaltung und Bewirtschaftung der Gebäude, Straßen und öffentlichen Einrichtungen einschließlich der Energie- und Verwaltungskosten sollen sogar noch sinken! Das ist nicht nur zweifelhaft, in unterlassener oder verschobener Unterhaltung oder Sanierung steckt  auch ein Stück versteckte Verschuldung.

Die Widersprüche zwischen hochtrabendem Anspruch und zögerlicher Realisierung sehen wir aktuell beim Klimaschutz, bei aufgeschobenen Radwegen wie am Sandbach oder der überfälligen Photovoltaikanlage auf der GS Dieker Str. Vom guten Glauben falle ich allerdings vollends ab, wenn wenn ich die Planzahlen für den wichtigsten und größten vom Rat beeinflussbaren Ausgabeposten sehe, mit über 30 Mio fast schon doppelt so groß wie die Sachausgaben: Personal, mit 5,5 Mio über dem Ergebnis von 2021. Das spiegelt den enormen Stellenzuwachs wieder, preist aber mindestens teilweise auch schon mögliche Tarifergebnisse ein. Aber dass in den nächsten drei Jahren die Personalaufwendungen nur noch um schlanke 1,5 % pro anno steigen sollen, zeugt entweder von mangelndem Realitätssinn oder ist schlichte Schönfärberei. Allein die jetzt beschlossenen Neueinstellungen incl. KOD, wenn sie denn im laufe des Jahres umgesetzt werden, entfalten ihre volle Kosten-Wirkung erst im nächsten Jahr. Und Verdi wird auch nicht drei Jahre still halten!

Fazit: Wenn die Spitze der Verwaltung sich nicht bald ernsthaft mit der finanziellen Realität auseinandersetzt und entsprechende Konsequenzen zieht, werden wir den Voodoo-Jump nicht nur auf der Kirmes erleben - sondern als direkten Sprung in die Haushaltssicherung!



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